Was Macht mit dem Verhältnis zu Kollegen macht

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Was Macht mit dem Verhältnis zu den Kollegen macht

„Ist es ein Problem für euch, wenn ich bei der Retrospektive dabei bin? Wir sind ja immer noch ein Team.“ Die Mitarbeiter schütteln den Kopf. „Gut“, sagt Sandra zufrieden. „Dann sehen wir uns morgen früh.“ Retrospektiven sind nichts Neues für Sandra, sie war immer Teil von diesen Meetings. Doch kürzlich wurde sie befördert – zur Teamleiterin. Der jungen Frau gefällt ihre neue Rolle; sie denkt, sie kommt gut damit zurecht. Was sie nicht bedenkt: Das Ergebnis wird nun ein anderes sein, wenn sie in dieser neuen Position bei den Retrospektiven, generell bei Meetings dabei ist.

Denn wer in der Hierarchie aufsteigt, gewinnt an Macht. „Aber zwischen uns ändert sich nichts. Es bleibt alles beim Alten!“ versichern viele frisch gebackene Führungskräfte Ihrem Team zu Beginn. Ein Trugschluss – für alle Beteiligten.

Macht verändert Beziehungen

Sandra ist dynamisch, engagiert. Sie hat sich ihre neue Position erarbeitet, ist die Hierarchieleiter nach oben geklettert. In ihrer Selbstwahrnehmung hat sie das Gefühl, nach wie vor ihr Ohr am Puls der Gruppe zu haben. Immer noch Teil des Teams zu sein. Aber: Das ist sie nicht! Sie ist nun die Führungskraft, ihre ehemaligen Kollegen ihre Mitarbeiter.

Durch die neuen Aufgaben hat Sandra viel weniger Zeit als früher, um mit ihren Kollegen zu diskutieren. Sie strahlt Zurückweisung aus, nach dem Motto: „Früher sind wir als Team doch auch nicht mit jeder Kleinigkeit zur Leitung gerannt.“ Sandras Mitarbeiter bemerken die Distanzierung; einige von ihnen suchen tatsächlich weniger den Kontakt zu Sandra.

Nach einem guten Jahr kündigt Sandras Chef. Sie bekommt die Stelle – ein erneuter Aufstieg. Ihre Macht wächst weiter, im selben Maße verändert sich die Beziehung zu ihren Mitarbeitern: Nur noch vereinzelt kommt es zu offenen Gesprächen und auch nur, wenn Sandra die Initiative ergreift. Das verwundert sie, schließlich hat sie sich in ihren Augen gar nicht verändert. Auf der anderen Seite hat sie nun noch weniger Zeit für ihre Mitarbeiter. Der Druck auf sie steigt und damit die Erwartung an ihr Team, ihre ohnehin begrenzte Zeit nicht zu verschwenden: „Kommt doch bitte direkt auf den Punkt.“ Wozu führt das? Zu noch weniger Gesprächen.

Machtgefälle

Was ist passiert? Sandra wird nach ihrem Aufstieg nicht mehr als Kollegin, sondern als Führungskraft wahrgenommen. Sie verfügt über Macht, kann Beurteilungen erstellen und über Gehälter entscheiden. In Gesprächen wirkt sie zunehmend ungeduldig und vermittelt mit ihrem Verhalten: Es geht mir nicht darum, gemeinsam die beste Lösung zu finden – im Zweifel setze ich eine neue Maßnahme einfach um. Der Chef, die Chefin hat das Sagen. Das gibt die hierarchische Struktur so vor, egal wie sehr diese Tatsache von der Führungskraft selbst ignoriert wird. Die Mitarbeiter ziehen bei einer Entscheidung den Kürzeren.

Aus dieser Angst heraus fällt es den Mitarbeitern mit jeder Hierarchiestufe zunehmend schwerer, sich zu öffnen. Das erlebe ich in meiner Arbeit immer wieder. Aber was können Sie als Führungskraft tun, damit Ihre Mitarbeiter weiterhin mit guten Ideen oder Problemen zu Ihnen kommen?

Macht akzeptieren

Der wichtigste Punkt ist, die gewonnene Macht nicht zu ignorieren, sondern mit Ihrer neuen Rolle rollengemäß umzugehen. Sie sind nicht mehr Teil des Teams. Sondern Führungskraft. Das bedeutet nicht, dass Sie nicht weiterhin gut zusammenarbeiten können.

Im Gegenteil: Großartig, wenn Sie Ihren Mitarbeitern versichern, dass sie jederzeit offen mit Ihnen reden können. Damit sie dies aber auch wirklich machen, brauchen sie Vertrauen. Ihre Mitarbeiter müssen wissen, was mit vertraulichen Infos passiert. Ihre Mitarbeiter müssen wissen, wie Sie mit einem Nein umgehen und brauchen die Gewissheit, dass Sie ehrliche Antworten schätzen und auch Kritik keine negativen Konsequenzen für sie hat.

Seien Sie sich als Führungskraft bewusst, dass das Machtgefälle zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern immer besteht. Akzeptieren Sie dies und machen gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern das Beste draus!

Ihre Carolin Salamon

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