Wenn die Bandscheibe muckt

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„Wenn die Bandscheibe muckt …“ Warum werden Führungskräfte eigentlich noch gebraucht?

Eine Hierarchie hat die Aufgabe, Wissen in Ihrem Unternehmen zu konservieren. Ihr Grundgedanke ist: ,Es gibt Leute, die haben genau das Wissen, welches ein Unternehmen braucht, um in Zukunft erfolgreich zu sein.’ Und je mehr diese Leute wissen, umso höher steigen sie in der Hierarchie, weil sie das Wissen somit immer breiter für das Unternehmen bereitstellen können. Deshalb sind früher auch die besten Fachleute zu Führungskräften aufgestiegen. Denn auf das Wissen dieser Führungskräfte konnte das Unternehmen vertrauen. Das waren die, auf die eine Organisation seine Zukunft bauen konnte.

Nur: Diese wesentliche Stütze für Hierarchie in der Arbeitswelt ist weggefallen. Die Halbwertszeit des Wissens ist rapide gesunken. Wissen allein reicht heute und morgen nicht mehr, um schnell und gut zu entscheiden. Ein wesentlicher Grund, warum Führungskräfte „oben“ sein sollten, ist somit über Bord gegangen.

Sie finden die Zukunft des Arbeitens darum nicht mehr in einer rein hierarchischen Organisation. Deswegen ist es so, dass einige der ureigensten, klassischen Aufgaben in einer wirkungsvollen Organisation nicht mehr von Führungskräften erledigt werden sollten.

Für viele Führungskräfte stellt sich damit die Frage: „Wozu werde ich eigentlich noch gebraucht?“

Bleibt für Führungskräfte nur noch der Riechbesen?

Zwei Elemente klassischer Führung sind in wirksamen Organisationen, die auf Zusammenarbeit und selbstorganisierende Teams statt  auf Hierarchie setzen, auf andere Rollen verteilt: nämlich die fachliche und die soziale Führung. Schauen Sie sich zum Beispiel agile Teams an, dann übernimmt die fachliche Führung der, der die Rolle des Product Owners einnimmt. Die soziale Führung, die für die gute Qualität der Zusammenarbeit im Team sorgt, übernimmt der Scrum Master.

Und ich erlebe es immer wieder, wie schwer es für Führungskräfte ist, diese Elemente von Führung nicht mehr in der eigenen Hand zu wissen. Allein schon deswegen, weil ihnen ihre Intuition, ihr Bauchgefühl sagt: „Ich muss hier doch steuernd wirken. Ich kann das Team doch nicht alleinlassen!“ (zu diesem Bauchgefühl von Führungskräften lesen Sie hier mehr.

Aber eine Führungskraft hat ja noch zwei weitere Aufgaben, nämlich die disziplinarische Führung und die strategische Führung. „Disziplinarische Führung? Dann bleibt mir ja nur noch der Riechbesen!“, so sagte eine Führungskraft, weil zu den disziplinarischen Themen eben auch Geburtstage und eventuell auch das Überreichen von Blumensträußen, Riechbesen also, gehören.

Ich sehe in diesen beiden Aufgaben, die für Führungskräfte in der Zusammenarbeit mit selbstorganisierenden Teams bleiben, aber eine sehr wertvolle Funktion von Führungskräften, um zu einer gelingenden Zukunft ihres Unternehmen beizutragen: nämlich die Funktion einer Bandscheibe.

Führungskräfte als Bandscheibe ….

Die Bandscheibe ist dazu da, Knochen voneinander zu separieren und für eine gewisse Beweglichkeit zu sorgen. Sie ist ein Puffer, aber auch eine Feder, die dafür sorgt, dass die Säule der Wirbel beweglich bleibt.

Führungskräfte des mittleren Managements nehmen genau diese Funktion ein, wenn sie sich der Aufgaben bewusst sind und diese annehmen, die eben für diese Beweglichkeit und gleichzeitig Stütze sorgen. Versuchen Sie sich aber in sozialer und fachlicher Führung, dann springt diese Bandscheibe gewissermaßen raus – und das ist für eine wirksame Organisation schmerzlich, gesunde Zusammenarbeit ist nicht möglich.

Sie sehen, Bandscheiben sind bedeutend, die Aufgaben, die Führungskräfte ausfüllen können, sind immens wichtig.

Nehmen Sie strategische Aufgaben wahr, dann sorgen Sie zum Beispiel als Schnittstelle, als Adapter dafür, dass die Ziele des Unternehmens mit denen der selbstorganisierten Team abgeglichen werden. Sie bringen die unternehmerische Vision in die Teams hinein und sorgen umgekehrt dafür, dass die Teams ungestört von der noch verbliebenen Hierarchie arbeiten können.

Sehr spannend finde ich die disziplinarischen Aufgaben. Denn diese umfassen weit mehr als Riechbesen, Abmahnungen oder gar Mitarbeitergespräche. Als „People Lead“ ist es zum Beispiel Ihre Aufgabe, in die Zukunft zu sehen. Ein Gespür dafür zu entwickeln, welche Fähigkeiten, welche Skills, welche Menschen in Zukunft gebraucht werden. Und finden müssen Sie diese Menschen ja auch noch! Sie müssen am Puls der Zeit sein. Verstehen, was Ihr Unternehmen will, ist, braucht. Verstehen, was die Organisation braucht, damit die Zusammenarbeit der Menschen im Unternehmen auf höchstem Niveau möglich ist.

Warum also werden Führungskräfte noch gebraucht? Weil ihre Aufgaben sie unentbehrlich machen. Weil sie den Teams und den Unternehmenszielen auf eine Weise dienen, die für die Beweglichkeit und gleichzeitig Belastbarkeit sorgt, die ein Unternehmen braucht, um in Zukunft erfolgreich zu sein.

Ihre Carolin Salamon

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