Wie viel Agilität lernen Sie in Workshops?

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Wie viel Agilität lernen Sie in Workshops?

Begeben Sie sich mit Ihrem Unternehmen auf die agile Reise, dann schicken Sie klassischerweise die entsprechenden Führungskräfte und Mitarbeiter in diverse Seminare und Workshops. Denn schließlich handelt es sich bei Agilität um eine ganz und gar ungewohnte Arbeitsweise und die will gelernt sein.

Ihre Mannschaft durchläuft Veranstaltungen zu „agilen Werten“, zu „agilen Methoden“, zu „agilem Produkt- oder Projektmanagement“ und so weiter. Doch irgendwann kommt es zu Szenen wie dieser …

Ein Prost auf die Workshops zur Agilität

Die Abteilungsleiter Jan und Fred stehen an der Bar und genehmigen sich nach dem langen Workshop-Tag rund um agile Methoden noch einen Absacker.

„Endlich mal wieder eine Veranstaltung, die nicht remote stattfindet“, sagt Jan, prostet Fred zu und nimmt einen Schluck von seinem Pils.
Fred hebt ebenfalls sein Glas und antwortet: „Stimmt. War gut heute. Aber, sag’ mal, Jan … so im Vertrauen: Müssten wir nicht langsam weiter sein?“
„Was meinst du?“, fragt der zurück.
„Na, wir haben jetzt schon diverse Workshops gehabt. Und ich würde einfach gerne mal anfangen, das umzusetzen, was die uns da erzählen.“
Jan starrt in sein halb leeres Glas: „Ja, das Gefühl habe ich auch schon eine Weile.“
Dann schaut er Fred an: „Aber glaubst du, dass wir wirklich schon genug wissen, um loslegen zu können?“

Ein Zweifel an den Workshops zur Agilität

Von diesem Zweifel hören Sie vielleicht an der Bar oder hinter der vorgehaltenen Hand an der Kaffeemaschine, aber kaum jemand wagt es, ihn offen zu äußern – schließlich kommt die Order mit der Agilität von ganz oben. Stattdessen machen alle nach außen hin das agile Workshop-Theater mit. Dabei trügt der Zweifel nicht. Denn Agilität hat in erster Linie nicht etwas mit Wissen, mit Methoden oder Theorie zu tun. Agilität hat mit Können zu tun. Und Können eignen Sie sich nicht anhand von Trockenübungen in Workshops an.

Mir kommt das so vor, als würden Sie sich auf eine Reise nach Australien vorbereiten wollen und sich dafür durch Unmengen von Büchern zu Reisemöglichkeiten im Allgemeinen lesen: darüber, wie Sie sich geschickt mit öffentlichen Bussen fortbewegen, darüber, wie Sie Ihr Fahrrad für lange Strecken fit machen, darüber, welche Kniffe Sie beim Bahnfahren beachten sollten. Am Ende haben Sie viel Wissen angehäuft. Aber es ist Ihnen entgangen, dass Sie weder mit dem Bus, noch mit dem Fahrrad oder der Bahn überhaupt nach Australien gelangen können. Sie haben sich nie gefragt, wie Sie dort hinkommen. So wird das leider nichts mit Ihrer Reise. Das ist aber gar nicht so schlimm. Denn darüber, warum Sie wirklich nach Australien wollen, haben Sie auch noch nicht nachgedacht …

Wenn Sie sich jetzt fragen, warum dennoch fast alle Unternehmen auf diese Workshop-Kultur setzen: Das hat aus meiner Sicht oft nur einen Grund.

Ein Grund für die Workshops zur Agilität

Dieser Grund ist, dass zu viele Agile Coaches und Scrum Master zwar eine hervorragende, aber nur theoretische Ausbildung haben. Da bewegen sie sich auf sicherem Grund. Agilität als Ziel. Mit der Umsetzung in die Praxis sieht es da anders aus. Wer selbst noch nie agil gearbeitet hat, der kann nicht vermitteln, wie das geht.

Deshalb möchte ich Sie ermutigen, Ihre agile Reise anders zu gestalten.

Ein erfolgversprechender Weg

Beginnen Sie damit, dass Sie eine kleine Mannschaft an ein spezifisches (nicht zu großes) Problem eines Kunden setzen, das dringend gelöst werden muss. Also statt der unkonkreten Planung einer wochenlangen Australientour vielleicht die Organisation der Familienreise nach Sidney, wohin die Großmutter ausgewandert war und nun alle zur Feier ihres 70. Geburtstages einlädt. Diesem Team geben Sie sämtliche organisatorischen Freiheiten, die es braucht, und lassen es machen. Sie begleiten sie zwar bei den einzelnen Schritten, aber nicht im Sinne von Steuern, sondern im Sinne von Leadership.

Legen Sie den Fokus auf die Problemlösung und beobachten Sie, wie beweglich und erfinderisch das Team wird. Und wie am Ende Ihr Kunde nicht durch Methoden – welchen Namens auch immer –, sondern durch das Miteinander der Beteiligten eine klasse Lösung bekommt.

 

Ihre Carolin Salamon

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