Dieses eine Projekt bringt das Fass zum Überlaufen: Schon seit Monaten war Ingos Team mehr als ausgelastet. Alle mussten richtig ranklotzen, haben viele Überstunden in Kauf genommen und sind nun mehr als urlaubsreif. Und was macht Ingo? Er nimmt gegen den Widerstand seines Teams ein weiteres Projekt an. Und das, obwohl die Personaldecke sowieso schon dünn war, nachdem zwei Mitarbeiter gekündigt hatten. Dass dieses Projekt niemals pünktlich fertig wird, war von vornherein unübersehbar. Das Ergebnis: Vertragsstrafen auf der einen – Unruhe und Unzufriedenheit der Mitarbeiter auf der anderen Seite.
Was glauben Sie, welche Ursache liegt Situationen wie diesen zugrunde? Ich glaube, Ingo hat seinem Team noch mehr Arbeit aufgebürdet, weil er sich (nur) verantwortlich gefühlt hat …
Keine Verantwortung übernommen
Denn die Erwartungshaltung zwischen Ingo und seiner Führungskraft Renate war nicht geklärt. Renate hat erwartet, dass Ingo Verantwortung für sein Team übernimmt, anstatt sich verantwortlich zu fühlen – aber was genau ist der Unterschied?
Verantwortung übernehmen heißt für mich: Ich löse ein Problem im Sinne des Unternehmens, auch wenn ich dabei gegebenenfalls meine tatsächlichen oder gefühlten oder zugeschriebenen Kompetenzen und Befugnisse überschreite. Ich bin dazu bereit, die Konsequenzen meines Handelns zu tragen. Im besten Fall hole ich mir dazu vorher die Rückendeckung meines Chefs ein.
Sich verantwortlich fühlen definiere ich dagegen so: Fühle ich mich verantwortlich, handle ich im Rahmen meiner Möglichkeiten. Dabei nehme ich auch hin, dass ich in diesem Modus manche Probleme nicht lösen kann. Die Konsequenzen meines Handelns wird mein Chef schon tragen. Salopp gesagt: Im Zweifel ist er eben schuld!
Eine bewusste Entscheidung
Auf den Fall von Ingo und Renate übertragen heißt das: Renate ist es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Weshalb sie davon ausging, dass auch Ingo dies tun würde und ein Projekt sicher ablehnen würde, wenn die Arbeitsbelastung für sein Team zu hoch wäre.
Ingo dagegen hatte die Maxime im Kopf: „Wenn meine Chefin mir etwas sagt, muss ich es auch machen.“
Sie merken: Wer die Verantwortung übernimmt, muss auch mal „Nein“ sagen. Das gehört dazu. Aber das müssen Sie aktiv tun. Verantwortlichkeit wird einem zugeschrieben – Verantwortung übernehmen Sie ganz bewusst. Das ist eine Entscheidung.
Immer wieder stoße ich auf das Muster, das zu vielschichtigen Problemen führt: Der Chef erwartet, dass die Mitarbeiter Verantwortung übernehmen, diese fühlen sich aber lediglich verantwortlich. So kann die Zusammenarbeit gar nicht rund laufen! Um solche Blockaden aufzulösen, komme ich in die Unternehmen. Denn ich möchte die Menschen dabei unterstützen, wieder vernünftig miteinander zu kommunizieren. Gerne auch bei Ihnen!
Verantwortung übertragen
Denn nur, wenn die Führungskräfte Verantwortung an ihre Mitarbeiter übertragen, können diese in Verantwortung gehen.
Der Satz „Mein Chef ist selber schuld, wenn der Laden nicht läuft“, lässt Sie übrigens ganz schnell erkennen, dass Ihre Mitarbeiter nur verantwortlich für ihre Aufgabe sind. Wenn Sie dies ändern möchten, schreiben Sie mir.
Ihre Carolin Salamon