„Der Hunger treibt es hinein …“, diese Redewendung aus meiner Geburtsheimat am Bodensee beschreibt ganz gut das Verhältnis vieler Unternehmer und ihrer Führungsriege (auch hier in meiner Wahlheimat Hamburg) zu selbstorganisierten Teams und Agilität: Es schmeckt ihnen nicht. Aber sie wissen, es führt kein Weg daran vorbei, um als Unternehmen fit zu bleiben, eben agil, beweglich, kraftvoll.
Doch eigentlich wollen sie etwas anderes: Sie wollen arbeiten wie bisher. Sie wünschen sich langsame Märkte zurück. Sie wollen sich auf Fachleute verlassen, die das Wissen haben, neue Produkte zu bauen, mit denen das Unternehmen glänzen kann. Sie wollen die Basis ihres Wirtschaftens nicht verändern.
Das Problem, das ich dabei sehe, ist: Weil ihnen die Art und Weise des Zusammenarbeitens, die für eine erfolgreiche Zukunft eines Unternehmens sorgt, im Grunde nicht schmeckt, beschäftigen sie sich auch nicht weiter damit.
Sie verstehen nicht, was das bedeutet, wie groß der Wandel der Unternehmenskultur ist. Ihnen ist nicht voll bewusst, welche Rolle sie selbst bei diesem Wandel spielen – und inwiefern sie ihn oft blockieren und damit dem Unternehmen schaden.
Zusammenarbeit ist Zukunft
Der Markt ist einfach viel zu schnell und zu volatil geworden, als dass Unternehmen es sich leisten können, in der Geschwindigkeit zu arbeiten, in der sie noch vor zehn Jahren gearbeitet haben.
Sie müssen schneller werden – und das heißt auch: Zusammenarbeit weniger hierarchisch organisieren. Außerdem gibt es immer weniger Menschen, die Lust haben, in streng hierarchisch organisierten Unternehmen zu arbeiten, weil sie dafür ihre Persönlichkeit an der Garderobe abgeben müssten.
Aber nur das Wissen um diese Zusammenhänge reicht in Unternehmen nicht, um eine Zusammenarbeit zu etablieren, die auch in Zukunft trägt. Viele sehen zum Beispiel Agilität nur als eine Methode an, um schnellere, effizientere Zusammenarbeit herzustellen. Aber „agil“ ist eben nicht nur eine Methode, es ist eine Haltung.
Zusammenarbeit wirklich im Kern verstehen Sie nur, wenn Sie sich bewusst machen, wie sehr eine solche selbstorganisierende Zusammenarbeit an den Grundfesten der Hierarchie, an den Grundfesten der Kommunikation, am Arbeitsleben, daran wie Führungskräfte und Entscheider sozialisiert sind, rüttelt. Wenn Sie beginnen, Zusammenarbeit zu leben …
Zusammenarbeit leben
Wenn den Menschen, die als Unternehmer, Inhaber, Geschäftsführer für die Vision eines Unternehmens stehen, die Tragweite nicht bewusst ist, die gesunde Zusammenarbeit bedeutet, blockieren sie diese ungewollt. Weil sie sich zum Beispiel immer in die Zusammenarbeit einmischen. Weil sie in ihrem Unternehmen Glaubenssätze etablieren, die kontraproduktiv sind und eine Unternehmenskultur zementieren, die einer gesunden Zusammenarbeit zuwiderläuft.
Ich denke, die Zukunft unserer Unternehmen braucht Unternehmer, die gesunde Zusammenarbeit selbst leben wollen, die eine wertschätzende Haltung für Zusammenarbeit an den Tag legen. Die selbst agil, beweglich, kraftvoll sind.
Ich denke, deshalb wäre ein Praktikum in einem agilen Umfeld eine hübsche Idee für Unternehmerpersönlichkeiten – aber möglichst nicht im eigenen Unternehmen. Damit sie verstehen, dass es nicht einfach um eine Methode geht, sondern um Wertschätzung, Transparenz, Kreativität, Selbstwirksamkeit, Vertrauen. Um das Herz guter Zusammenarbeit. Was halten Sie von dieser Idee?
Ihre Carolin Salamon